Skulpturen

Franz Ferdinand Wörle


Skulpturen von Franz F. Wörle - Ausrichtung auf das menschliche Maß

von Ingrid Wieser-Kil

Ich möchte Sie ganz herzlich zur Ausstellungseröffnung von Franz Ferdinand Wörle begrüßen. Ich freue mich, heute hier zu sein und möchte Ihnen ein paar einleitende Worte zu den Arbeiten und zur Person des Künstlers mit auf den Weg geben.

Betrachtet man die Arbeiten von Franz F. Wörle, so mögen einem unwillkürlich Wörter wie Ruhe, Festigkeit oder Stille, angesichts der strengen, geradlinigen und disziplinierten Skulpturen einfallen. Die fast samten scheinende Oberfläche, der abstrakt, geometrischen Körper, wollen das Auge des Betrachters eher besänftigen als reizen und laden zum Abtasten und Spazierengehen ein. Große Klarheit, Ruhe und Konzentration auf das Wesentliche strahlt einem beim Betrachten der Arbeiten entgegen.

Der Künstler dieser Kunstwerke, Franz F. Wörle wurde 1952 in München geboren und studierte Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Während seiner Ausbildung beschäftigte er sich mit den unterschiedlichsten Werkstoffen, wie z.B. Glas, Keramik und Holz. Er interessierte sich für die Goldschmiedekunst und arbeitete als Restaurator für Kirchenkunst. Was er letztlich jedoch für seine künstlerische Arbeit zu seinem Ausdrucksmaterial wählte und bis heute beibehalten hat, ist der Werkstoff Eisen. Und hier vor allem rostendes Eisen. Durch das partienweise unterschiedliche Farbenspiel und die lebendige, poröse Oberfläche, scheinen die Skulpturen trotz ihres strengen Aufbaus bis in den Bereich des Organischen zu rücken.

Franz Wörle lebt als freischaffender Künstler in Straußdorf bei Grafing und mit zweitem Wohnsitz in Dublin/Irland. Er erhielt den Debütantenpreis des Bayerischen Staates, den Kunstpreis der Stadt Ebersberg und den Förderpreis der Dr. Stöcker Kulturstiftung Rosenheim. Er hat Arbeiten und Ankäufe im öffentlichen und privaten Bereich, ist Mitglied der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft und machte zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, u.a. 2003 Museum Moderner Kunst Passau, 2008 Lemonstreet Galery Dublin/Irland; 2009 T. Guthry Award, Irland; 2010 Galerie Burger, München; seine Arbeiten sind regelmäßig bei der Großen Kunstausstellung Haus der Kunst München, Kunstverein Rosenheim und Ebersberg vertreten.

In dieser Ausstellung sind 12 Arbeiten von Franz Wörle zu sehen, die mit Hilfe des Materials Eisen und deren Erscheinungsformen, die Grundfragen menschlicher Existenz streifen, wie z.B. Verortung im Raum, Kommunikation, Zeit, Vergänglichkeit, Schutz u.v.m.

Sie überschreiten in ihrer Größe selten das menschliche Maß und sind auch von ihrer Ausrichtung zumeist vertikal und aufrecht orientiert. Obwohl die architektonische und konkrete Form dominiert, regen sich beim Umschreiten der Skulpturen und beim Verweilen Assoziationen zur menschlichen Gestalt. Keine Form ist der anderen gleich und obwohl einige in Gruppen oder paarweise auftreten, besitzt jede ihre eigene Identität und Individualität. Es sind dennoch keine abstrahierten Stilisierungen von Menschengestalt, sondern vielmehr Formen, die behutsam beseelt, sich mit der geistigen Dimension der menschlichen Existenz auseinandersetzen.

Seine Arbeiten konzentrieren sich auf einige wenige Themenbereiche, die er aus einem Vorrat an Formen immer wieder variiert und neu interpretiert. So verwendet er für seine Skulpturen Begriffe wie "Stelen", "Tore" und "Seelenhäuser".

Unter "Stelen" versteht man zwar im heutigen Sprachgebrauch eine meist langgestreckte vertikale Grundform, der Künstler verwendet diese Bezeichnung jedoch bewusst in Anlehnung an ihre antike Bedeutung als Grabdenkmal. "Stelen" dienen ihm als Modell einer menschlichen Existenz, als Zeugen und Bestandsaufnahmen menschlichen Lebens, das in Momenten festgehalten scheint.

Ebenso wie die Werkgruppe der "Stelen", haben auch die "Seelenhäuser" einen eindeutig architektonischen Bezug. Man sieht geschlossene und offene Körperformen, Pfeiler, Deckplatte oder Dach, sowie Innenräume, die uns zu der Vorstellung von Behausungen führen. Es sind Zellen in denen der Mensch zu sich selbst kommen soll, kleine Rückzugseinheiten, die er als gedankliche Vorlage auf seinen Reisen in Nordafrika kennengelernt hat. Menschliche Behausungen, Schutzorte in der die Seele Platz findet, Einheiten in denen Stille herrscht und alle Äußerlichkeiten unwichtig werden, Orte der Konzentration und der Einkehr.

Die als "Tore" titulierten Arbeiten zeigen uns eine weitere wichtige Facette im Themenbereich seiner Arbeiten. Tore trennen und öffnen Räume und werden in der Zeit durchschritten. Das Durchschreiten eines Tores, der Übergang von einem Raum in einen anderen, kann auch die Transformation von einem Zustand in einen anderen sein.

Ein weiterer Aspekt, der mir bei den Arbeiten des Künstlers wichtig erscheint, ist die Zeitdimension. So verwendet er nicht nur einfach Eisen, sondern setzt es durch die Oxidation, der Vergänglichkeit und dem Verfall aus. Ein Paradoxum an und für sich. Zum einen assoziiert der Betrachter bei dem Werkstoff Eisen, Kälte, Schwere, Dauerhaftigkeit, Massivität und Unbeweglichkeit, was aber durch die poröse, rauhe Oberfläche wieder aufgehoben scheint und den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt, Verletzlichkeit und Vergänglichkeit assoziiert. Die rostige Oberfläche mit ihrer warmen, rötlich-braunen Farbigkeit weckt Assoziationen mit Struktur und Beschaffenheit menschlicher Haut. Es wirkt wie eine äußere Haut, wie Poren die atmen und trotzdem ungeschützt, ohne Konservierung dem Zeitprozeß ausgesetzt sind.

"Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" heißt es in Goethes Faust. Sehen wir das Gleichnis an als eine Geschichte, die uns etwas lehren will, dann erzählen uns die Arbeiten von Franz Wörle vom Werden und von der Schönheit, vom Wandel und vom Vergehen unseres Daseins.


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